Über Balint-Arbeit
Die Balint-Arbeit geht auf den ungarischen Arzt und Psychoanalytiker Michael Balint (1896-1970) zurück, der Anfang der 1950er Jahre in London Allgemeinärzte zu Fallkonferenzen einlud. Er nannte sie "Diskussionsseminare über psychische Probleme in der ärztlichen Praxis". Balints Gedanke war, dass das am aller häufigsten verwendete Heilmittel der Arzt selber sei. Die bekannte Metapher von der “Droge Arzt” stammt von Michael Balint. Wie bei einem Arzneimittel sei auch beim Pharmakon Arzt die Wirksamkeit abhängig von der Dosis, dem Zeitpunkt und der Applikationsweise.
In der klassischen Balintgruppe sitzen 6 – 14 Ärzte unter der Moderation eines ausgebildeten Balintgruppenleiters zusammen. Hauptthema der Gruppe ist die Arzt-Patient-Beziehung. 1 ½ Stunde beschäftigt sich die Gruppe mit einer Arzt-Patient-Begegnung, Diese kann eine irgendwie bedeutsame schon langdauernde Beziehung oder auch ein kurze, vielleicht als schwierig erlebte Begegnung betreffen, die der vorstellende Arzt besser verstehen möchte.
Das wichtigste methodische Element der Balint-Gruppenarbeit ist der freie Bericht. Der Referent trägt ohne Aufzeichnungen oder Krankenunterlagen aus dem Gedächtnis vor, eine besondere Vorbereitung ist nicht nötig. Es entsteht so ein erlebnis- und gefühlsnaher Eindruck vom Referenten, vom Patienten und von Ihrer Beziehung zueinander.
Die Teilnehmer, die diesem Bericht zuhören, geben anschließend im freien kollegialen Gespräch ihren Eindruck, ihre Gefühle und Phantasien oder auch Körperreaktionen dazu wieder. Hieraus entsteht ein komplexes Bild der Arzt-Patient-Beziehung, das der Vortragende sich schweigend aus der Distanz in Ruhe betrachten kann. Er bekommt Anregungen für eine neue Sichtweise, blinde Flecken werden erhellt. Die eigene Wirkung auf den Patienten und eigene Verhaltensmuster werden erkannt.
Referent und alle Gruppenmitglieder profitieren von diesem Prozess. Der Arzt lernt, sich stärker auf den Patienten und dessen Erleben zu konzentrieren und dadurch über die Krankheit hinaus die Gesamtpersönlichkeit, den Ganzheitsaspekt im Auge zu behalten, offen für die Erkenntnis, dass psychische und soziale Faktoren einen ebenso wichtigen Einfluss auf die Entwicklung einer Krankheit haben können wie die körperlichen Veränderungen. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient wird leichter und effektiver, so dass Begegnungen mit Patienten zukünftig leichter gelingen. Positionen und Werte werden klarer vertreten und die Behandlung der Patienten, auch der „schwierigen“ gelingt noch professioneller und einfacher.
Somit dient die Balintarbeit dem Wohle des Patienten und des Arztes. Sie ist Burnout-Prophylaxe und erhält die Freude an der Arbeit.
Diese Methode ist auch für andere helfende und soziale Berufsgruppen wie Lehrer, Seelsorger, Sozialarbeiter Angehörige von Pflegeberufen anwendbar und nutzbringend.
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